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Nicole Peters (* 1968) hat in Bonn Geografie studiert, entschied sich anschließend jedoch dazu, im Lektorat eines Verlages zu arbeiten. Sie ist eine der Mörderischen Schwestern und Mitglied der Literaturwerkstatt Hennef, ihrer Heimatstadt. Land im Nebel, ein historischer Roman, erschien 2018. Letzte Ausfahrt Auerberg ist Nicole Peters’ erster Kriminalroman.

Nicole Peters

Letzte Ausfahrt
Auerberg

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Originalausgabe
© 2019 KBV Verlags- und Mediengesellschaft mbH, Hillesheim
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Umschlaggestaltung: Ralf Kramp unter Verwendung von

© Wolkenkratzer / Wikimedia Commons /

»Bonn-Friedrich-Ebert-Brücke, Pylon.jpg« / CC BY-SA 4.0

Die im Buch zitierten Songtext-Passagen sind Liedern der

US-amerikanischen Band Linkin Park entnommen:

S. 15: In the End; S. 96: Breaking the Habit; S. 120: What I’ve Done;

S. 127: Somewhere I Belong; S. 235: Leave out all the Rest

Lektorat: Volker Maria Neumann, Köln
Druck: CPI books, Ebner & Spiegel GmbH, Ulm
Printed in Germany
Print-ISBN 978-3-95441-476-5
E-Book-ISBN 978-3-95441-487-1

Inhalt

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

35. Kapitel

36. Kapitel

37. Kapitel

38. Kapitel

39. Kapitel

40. Kapitel

41. Kapitel

42. Kapitel

43. Kapitel

1. Kapitel

Die Polizei bittet um Ihre Mithilfe.« Schon wieder prangte das Foto der unbekannten Toten im General-Anzeiger. Es schien Helen zu verfolgen, war das Erste gewesen, das ihr an diesem Montagmorgen ins Gesicht sprang, als sie die Zeitung aufschlug. Welches Geheimnis verbarg sich hinter dem Leben der Frau, welches hinter ihrem Tod? Helen konnte nicht erklären, warum die Tote sie so sehr beschäftigte. Sie war etwa in Helens Alter. »Geschätzte fünfunddreißig Jahre alt, mitteleuropäischer Abstammung«, hieß es im zugehörigen Artikel. Auf dem Foto hatte die Tote die Augen geschlossen. Ihre Haut war weiß, fast durchscheinend, aber ansonsten makellos. Die Totenflecken wohl überschminkt. Ob sich darunter, tief im Gewebe eingraviert, Wunden verbargen? So wie die Furchen, von denen auch das menschliche Gehirn durchzogen war? Furchen, die das Leben geprägt hatten und die einen zu dem machten, der man war?

Rechtsanwältin Helen Freitag war beim morgendlichen Zeitunglesen in ihrem Büro auf dieser einen Seite hängen geblieben, was vor allem daran lag, dass stetes Telefonklingeln sie immer wieder unterbrach. Typisch für Montage. Alles, was den Mandanten der Kanzlei Freitag & Vettweiss am Wochenende widerfahren war, was Furchen in deren Leben geschlagen hatte, ließen sie am Montag ihre Anwälte wissen. Friederike Vettweiss blockte die Anrufe so gut es ging ab. Aber seit ein paar Wochen waren sie völlig unterbesetzt. Friederikes Mann Matthias, der gleichzeitig Helens Partner war, befand sich für ein halbes Jahr in Australien, wo er eine Dozentenstelle an der Universität in Sydney angeboten bekommen hatte. Und Helen selbst fehlte eine Auszubildende, nachdem sie die letzte vorzeitig verabschiedet hatte. Wieder klingelte ihr Telefon. Helen gab es auf, legte die Zeitung beiseite und nahm ab.

»Helen, ich habe hier ein Ehepaar Schrader stehen. Sie wollen mit dir sprechen.«

»Lass sie einen Termin machen. In einer halben Stunde habe ich den Verkehrsunfall Bauers hier, und ich muss mir das Gutachten noch durchlesen.«

»Sie sagen, es sei dringend.« Helen hörte Friederike mit den Leuten sprechen, verstand aber nicht, was gesagt wurde. Dann meldete Friederike sich wieder. »Es geht um dieses Foto der Toten aus der Zeitung.«

Helen hielt inne. Seit ihr das Foto in der Samstagsausgabe des General-Anzeigers zum ersten Mal entgegengesprungen war, ließ sie das Gefühl nicht los, dass sie in diesen Fall involviert werden würde. Die rationale juristische Seite in ihr hatte es mit beruflichem Interesse zu erklären versucht. Helen hatte sich in einem zwei Jahre zurückliegenden Fall einen Namen als Opferanwältin gemacht. Ihre irische Seite, die sie nur zu gern vor sich selbst verleugnen wollte, wie alles, was ihren Vater betraf, hatte aber laut »Vorsehung« gerufen. Die Juristin gewann auch jetzt schnell wieder die Oberhand. Erst einmal die Fakten anschauen. »Schick sie rein, Friederike. Und versuche, Herrn Bauers anzurufen, ob er eine Stunde später kommen kann. Das hier könnte länger dauern.«

Helen ging den potenziellen neuen Mandanten entgegen. Die Kanzleiräume Freitag & Vettweiss, die in der Bonner Altstadt in einem der alten Stadthäuser in erster Etage lagen, waren nicht sehr weitläufig. Vom Eingangsflur aus lagen sich Toiletten und eine kleine Küche gegenüber. Der Flur verbreiterte sich zu einem Sekretariatsbereich, in dem Friederike herrschte. Von dort aus gingen noch zwei weitere Türen ab, Helens Büro und das derzeit verwaiste von Friederikes Mann. Kurz nachdem Helen den Telefonhörer aufgelegt hatte, klopfte es schon an ihrer Tür und Friederike öffnete, um das Ehepaar Schrader zu ihr hereinzulassen. Mit einem »Guten Morgen« begrüßte Helen die beiden.

Der Mann, schütteres Haar und leichter Bauchansatz, ging voran und reichte ihr die Hand. »Erich Schrader, und das ist meine Frau Nadeschda.«

Erich Schrader sprach mit einem deutlichen Akzent. Russisch, vermutete Helen. »Helen Freitag«, stellte sie sich vor, während sie auch Frau Schrader die Hand reichte. Eine kleine Frau. Neben der kompakten Statur ihres Manns wirkte sie nahezu zerbrechlich. Helen selbst war nur wenige Zentimeter größer. Und das auch nur, weil sie heute Morgen ihre hochhackigen Pumps angezogen hatte.

»Nehmen Sie doch Platz.« Helen deutete auf den Besprechungstisch. Bevor sie sich ebenfalls setzte, bat sie Friederike, Kaffee zu bringen.

»Also, was kann ich für Sie tun?«

Erich Schrader übernahm die Gesprächsführung für sich und seine Frau. »Wir kommen wegen des Fotos in der Zeitung. Von der unbekannten Frau.«

»Kennen Sie sie?«

»Ja.« Der Mann legte eine Hand auf die seiner Ehefrau. Die beiden nickten einander kurz zu. Erst dann sprach er weiter. »Das ist unsere Tochter!«

Helen schluckte. Die Stimme des Mannes klang nicht zweifelnd, sondern bestimmt, in den Augen der Frau sah sie Trauer. Die beiden hatten keinen Zweifel daran, dass die Tote ihre Tochter war. Dennoch fragte Helen nach: »Sind Sie sich sicher? Das Foto ist nicht besonders gut.« Die Frauenleiche war laut Zeitungsberichten vor einer Woche auf einem Parkplatz in der Nähe der A565 gefunden worden, nachdem sie vermutlich schon mehrere Tage dort tot gelegen hatte. Mehr aber, als dass die Frau eines gewaltsamen Todes gestorben war, war dem Artikel nicht zu entnehmen. Und obwohl die Leiche für das Foto vermutlich hergerichtet worden war, stierte der Tod dumpf daraus hervor. Fahle Haut, geschlossene Augen, die dunkelblonden Haare matt und streng zurückgekämmt. Viel Ähnlichkeit hatten solche Fotos von Toten nicht mehr mit dem lebenden Menschen. Helen wusste das nur zu gut. Der Schauer einer Erinnerung lief ihr über den Rücken.

»Das ist Natalie. Wir sind sicher. Auch wenn wir unsere Tochter seit fast zwanzig Jahren nicht mehr gesehen haben.« Die letzten Worte von Erich Schrader waren nicht mehr als ein Flüstern.

»Zwanzig Jahre?« Wieso hatten sie ihre Tochter so lange nicht gesehen? Helen versuchte dem Mann in die Augen zu blicken, doch sein Blick wanderte wieder zu seiner Frau. Er hielt noch immer ihre Hand.

»Das ist eine lange Zeit, wie alt war Ihre Tochter da?«

»Sechzehn.« Schrader schluckte. »Sie war sechzehn.«

»Aber Sie sind sich sicher, dass die Frau aus der Zeitung Ihre Tochter ist? In zwanzig Jahren kann sich das Aussehen eines Menschen sehr verändern.«

Statt ihres Mannes ergriff nun Nadeschda Schrader zum ersten Mal das Wort. »Das ist Natalie. Sie hat diese Narbe oberhalb der Lippe. Von einer Glasscherbe, die ihr auf das Gesicht gefallen ist.« Frau Schrader deutete auf ihre eigene Oberlippe. »Aus einer Tür. Als sie zehn war. Genau wie auf dem Foto.«

Der Akzent der Frau war deutlich weniger ausgeprägt als der ihres Mannes. Helen registrierte unbewusst, dass trotzdem der Mann tonangebend in der Beziehung war. Dies hier war ein Vater, der seiner Familie beistand. Aber warum dann die lange Zeit der Trennung von der Tochter?

»Können Sie mir das auf dem Zeitungsfoto zeigen? Ich habe die Zeitung hier.« Helen ging zum Schreibtisch, um den soeben beiseitegelegten General-Anzeiger zu holen.

Erich Schrader nickte und zeigte Helen die Stelle auf dem Foto, vermied aber jeden weiteren Blick auf das Bild. Über der Oberlippe der Toten zeigte sich eine dünne, erst beim zweiten Hinsehen sichtbare weiße Linie, die vermutliche Narbe.

»Hätten Sie vielleicht noch ein altes Foto von Ihrer Tochter?«

Nadeschda Schrader knipste ihre Handtasche auf. Sie hatte eine dieser Kippverschlüsse aus Metall. Es schien eine echte alte Handtasche zu sein, keine im modischen Retrostyle. Lachsfarben mit zwei ledernen Tragegriffen. Sie verlieh der Frau eine dezente Eleganz. Frau Schrader reichte Helen ein vergilbtes Foto. Es zeigte einen Teenager mit langem, dunkelblondem, zu einem Zopf geflochtenen Haar, Jeans und Mickey-Mouse-T-Shirt vor einer Schrebergartenhütte. Sie lächelte in die Kamera. Um aber Vergleiche mit der Frau auf dem Zeitungsfoto ziehen zu können, bräuchte man schon ein Porträtfoto. Helen reichte das Foto zurück. »Ein hübsches Mädchen.«

»Da war sie fünfzehn.«

Helen nickte. »Wir bräuchten noch ein größeres Foto nur von ihrem Gesicht. Jetzt reichen mir Ihre Angaben erst einmal. Haben Sie schon mit der Polizei gesprochen? Bei der angegebenen Telefonnummer angerufen?«, fragte sie.

»Polizei? Nein!«, entgegnete Erich Schrader barsch. Er blickte Helen aus zusammengekniffenen Augen an. »Wir wollen, dass Sie das machen. Die Polizei«, er unterbrach sich und schien nach den richtigen Worten zu suchen, »die Polizei nimmt uns nicht ernst. Schon damals nicht. Als Natalie verschwunden ist.«

»Sie ist verschwunden? Haben Sie sie damals als vermisst gemeldet?«

Wieder nickte Erich Schrader. »Die Polizei hat nicht gesucht. Sie haben gesagt, dass sie zu viel zu tun haben, um weggelaufene Teenager zu suchen.«

Nadeschda Schrader meldete sich wieder zu Wort. »Sie ist nicht weggelaufen. Jemand hat sie entführt. Sie wäre niemals weggelaufen. Sie war eine gute Tochter.«

Eine gute Tochter. Die Worte hallten in Helen nach. Sie selbst hatte sich oft die Frage gestellt, ob sie eine gute Tochter gewesen war. Oder ob sie es gewesen war, die den Vater vertrieben hatte. Sie wischte den Gedanken fort. Es ging hier nicht um sie, und auf die Bonner Polizei war Helen ebenfalls nicht gut zu sprechen. Auch bei dem Fall Dombach, der sie vor zwei Jahren in die Schlagzeilen gebracht hatte, hatten sich Polizei und Staatsanwaltschaft nicht mit Ruhm bekleckert. Der Fall war nach mehreren Zeitungsberichten wieder aufgerollt worden. Und erst unter dem Druck durch die Presse hatte der Ehemann gestanden, seine Frau getötet zu haben.

»Werden Sie uns vertreten? Gegenüber der Polizei? Werden Sie der Polizei sagen, dass es unsere Tochter ist? Wir wollen wissen, was mit unserer Tochter passiert ist. Wer das getan hat«, sagte Erich Schrader.

Helen nickte. »Ja. Ich werde Sie vertreten. Wir müssen aber ganz vorne anfangen. Erzählen Sie mir zuerst, was damals passiert ist.«

2. Kapitel

Marie Glücklich mochte von allen Orten auf der Welt ihr Zimmer am liebsten. Der große Schreibtisch unter dem Dachfenster, wo es immer hell genug war zum Zeichnen. Das gemütliche große Bett vor einer Fototapete, die einen von Sonnenstrahlen durchschienenen Wald zeigte. Die übrigen Wände behängt mit ihren eigenen Bildern. Meist malte sie Wildtiere. Großkatzen, Bären und Greifvögel. Sie waren all das, was Marie nicht war. Mutig und frei, ohne Angst, bewegten sie sich in der Welt. Sie dagegen blieb lieber im Haus, obwohl sie oft wünschte, mit den Tieren durch die Natur streifen zu können und die Welt zu erkunden. Das aber wagte sie nur in ihrer Fantasie, zusammen mit den Warrior Cats oder an der Seite von Sherlock Holmes als zweiter Watson oder als erste Watsine. Bücher, von denen ihre Eltern nicht viel hielten. Ja, natürlich war sie für die Warrior Cats eigentlich schon zu alt, aber sie liebte die Bücher einfach, und für Sherlock Holmes wurde man nie zu alt. Und sie war bestimmt nicht die Einzige, die so etwas mochte. Sie würde mit ihrer Mutter jede Wette eingehen, dass diese Geschichten von mehr Leuten gelesen wurden als alle Jane Austens, Thomas Manns und Dostojewskis zusammen. Wenn sie die Energie aufbringen würde, mit ihrer Mutter eine solche Diskussion überhaupt zu führen.

Das Haus verließ Marie nicht gerne. Sie war froh, die Schule endlich hinter sich gelassen zu haben. Mit einem Abschluss immerhin. Wenn es auch nur ein Realschulabschluss war. »Nur« in den Augen ihrer Eltern. Es war gar nicht die Schule an sich gewesen, die sie nicht mochte. Es waren vor allem die anderen Schüler. Marie spürte immer noch, wie sie mit den Fingern auf sie zeigten und hinter vorgehaltener Hand miteinander tuschelten, wenn sie wieder einmal im selbst gestrickten Rock daherkam, unter dem ihre dicken Beine wie Baumstämme hervorlugten. Oder wenn sie ihre Brotdose mit dem Vollkornbrot und Bioapfelspalten auspackte, während die anderen in der Pause zum Bäcker oder gar in die Pommesbude pilgerten. Ihre Eltern hatten ihr nie Geld für so etwas mitgegeben. Nicht, weil sie arm waren. Im Gegenteil. Ihr Vater verdiente bei einer Softwarefirma so viel, dass ihre Mutter eigentlich gar nicht arbeiten müsste. Doch sie jobbte nur zum Spaß nebenbei in einer Bücher-Teestube, in der es auch Kuchen und kleine Speisen gab, alles rein biologisch selbstverständlich. Das BBT-Häuschen oder Bücher und Bio-Teehäuschen. Marie nannte es gerne das »DDT«, nach dem gleichnamigen Insektizid. Ihre Eltern waren so dermaßen öko, dass sie sich manchmal fragte, auf wen in der Familie sie eigentlich kam. Sie hasste Selbstgestricktes und Kräutertees, Yoga und Leinsamen-Dinkel-Brote. Und ihren Nachnamen. Glücklich. Sosehr ihre Mutter sich das Glücklich-Gen nach ihrer Heirat einverleibt zu haben schien, Marie suchte danach bei sich vergebens.

Es klopfte an ihrer Zimmertür. »Schatz, stehst du gleich auf? Ich habe dir dein Müsli schon hingestellt und die Zeitung. Wirf doch mal einen Blick in den Anzeigenteil. Ich bin dann zur Arbeit. Tschüssi.«

Marie drehte sich um und zog die Decke über den Kopf.

Manchmal wurde es ihr selbst in ihrem Zimmer zu eng. Wenn sie den Druck ihrer Eltern durch die geschlossene Tür fühlte. Subtil, nie direkt, aber so offensichtlich. Die aufgeschlagene Zeitung auf dem Küchentisch, ein scheinbar achtlos auf dem Sofa liegen gebliebenes »gutes« Buch. Bei Marie bewirkte das nur das Gegenteil, sie zog sich noch weiter zurück, verkroch sich in ihrem Zimmer, drehte die Musik auf und blieb so lange im Bett, bis sie sich frei und unbeobachtet durch das Haus bewegen konnte.

Sie hörte die Haustür zuschlagen und kurz darauf das Auto ihrer Mutter wegfahren. Die Autos waren das Einzige, was ihre Eltern sich an Luxus leisteten. Denn selbst sie mussten eingestehen, dass es ansonsten aus Ruppichteroth kein Wegkommen gab. Weder würde ihr Vater jeden Morgen pünktlich zur Arbeit nach Köln kommen noch konnte ihre Mutter die Einkäufe mit dem Fahrrad erledigen oder zu ihrem »DDT« kommen. Das Landleben hatte eben auch seine Nachteile.

Erst ein Magengrummeln gab den Ausschlag, dass Marie aufstand. Ein Blick auf die leuchtenden Ziffern ihres Radioweckers bestätigte ihr Hungergefühl. Es war beinahe schon Mittag. Sie zog die Jalousie vom Dachfenster, und die Sonne blendete sie. Aus ihrem Notrationsschrank kramte sie das Glas mit löslichem Kaffee hervor. Sie brauchte dringend Koffein, und in der Küche ihrer Eltern gab es zwar alle möglichen Sorten von Tee, aber keine Kaffeemaschine, nicht einmal löslichen Kaffee, den sie sich aufbrühen konnte. Ihr eigenes Kaffeeglas war fast leer, aber für einen guten Pott würde es noch reichen.

Im Nachthemd schob Marie sich gähnend die Treppe hinunter. Bog direkt in die Küche ein, wo tatsächlich schon die gefüllte Müslischale und die Glasflasche Milch bereitstanden. Daneben lag der General-Anzeiger, wie zufällig aufgeschlagen bei den Stellenanzeigen. Sie stellte Wasserkocher und Radio an und goss sich Milch über das Müsli. Biomüsli mit Nüssen und Leinsamen, ohne Zucker. Aber sie mochte es doch ganz gerne. Vor allem stillte es den Hunger. Im Radio trällerte Thees Ullmann von Lachsen, die die Flüsse zum Laichen und Sterben hinaufziehen. Wie konnte man derart fröhlich über so etwas Trauriges singen? Marie mochte härtere und dunklere Töne. Nirvana oder Linkin Park. Manchmal, wenn sie allein im Haus war, schloss sie ihren Player an die Anlage ihrer Eltern im Wohnzimmer und ließ sich von der Traurigkeit der Musik durch die Räume tragen, die Arme ausgebreitet, als wären sie die Schwingen eines Adlers.

I tried so hard and got so far.

But in the end, it doesn’t even matter

I had to fall to lose it all

But in the end, it doesn’t even matter.

Heute aber war sie selbst dazu zu müde. Sie schob den Anzeigenteil der Zeitung fort und fing lustlos an, von hinten nach vorne durch die Zeitung zu blättern, während sie einen Löffel nach dem anderen in den Mund schob. Bis sie auf das Foto stieß. Den vollen Löffel in der Luft haltend, starrte sie für einige Minuten bewegungslos auf das Gesicht der Frau. Diese kam ihr seltsam vertraut vor. Mit dem Zeigefinger zeichnete sie die Konturen des Gesichts nach. Marie wünschte, sie könnte die Augen der Frau sehen, doch die waren geschlossen. Sie ließ den Löffel in die Schale sinken, nahm die Zeitung und stand auf. Das Foto an die Brust gepresst, stieg sie die Treppen hoch und erreichte ihr Zimmer. Hier, unter dem hellen Dachfenster, nahm sie das Foto noch einmal genau in Augenschein. Sie kannte die Frau. Doch woher, konnte sie nicht sagen. Sie konnte keinen Namen mit ihr verbinden, keinen Ort. Es war nur ein Gefühl.

Marie las den Artikel. Die Polizei bat um die Mithilfe der Bevölkerung. Die Frau war eine Unbekannte – und sie war tot. Warum machte Marie das so traurig? Wieder fuhr sie mit dem Finger über die Gesichtszüge der Frau. Ganz vorsichtig, so als ob sie wirklich dort vor ihr liegen würde und nur schliefe.

Ein Zittern durchfuhr Marie. Ihr war kalt. Sie wusste nicht, wie lange sie dort an ihrem Schreibtisch gesessen und auf das Foto gestarrt hatte. Die Sonne schien nicht mehr durchs Fenster hinein, war weitergezogen, und Marie saß noch immer in ihrem dünnen Nachthemd und bloßen Füßen da. Kein Wunder, dass ihr kalt geworden war. Mühsam stand sie auf, die Knochen ganz steif. Im Badezimmer drehte sie die Dusche voll auf, ließ ihr Nachthemd auf den Boden gleiten und stellte sich unter das Wasser. Es tat weh, so heiß war es. Aber sie war froh, etwas zu spüren. Diese Frau spürte nichts mehr. Der Gedanke machte sie unendlich traurig. Unter das prasselnde Wasser mischten sich ihre stillen Tränen.

3. Kapitel

Friederike brachte Kaffee. Als sie Helens Büro wieder verlassen hatte, begann Erich Schrader zu erzählen.

»Am 31.10.1996 beim Mittagessen haben wir Natalie zum letzten Mal gesehen. Sie wollte am Abend zu einer Feier.«

»Eine Halloween-Party?«, fragte Helen.

»Ja und nein. Eher eine Geburtstagsfeier von einem Mitschüler. Irgendwann nach dem Mittagessen hat sie das Haus verlassen, und wir haben sie seitdem nie wieder gesehen. Sie ist niemals bei der Feier angekommen.«

»Wir konnten uns nicht einmal verabschieden.« Nadeschda Schrader wischte sich über die Augen.

»Gab es Streit?«

»Das hat die Polizei damals auch gefragt.« Schraders Stimme überschlug sich.

Nun war es Nadeschda Schrader, die ihre Hand besänftigend auf die ihres Mannes legte. »Es gab eine Meinungsverschiedenheit. Mein Mann war vielleicht zu streng. Wir wollten nicht, dass sie zu dieser Feier geht.«

»Sie haben es ihr verboten, und sie ist trotzdem gegangen?«, fragte Helen.

Erich Schrader nickte. »Sie muss aus dem Haus geschlichen sein. Wir haben es nicht gehört. Sie war nach dem Streit auf ihr Zimmer gegangen, und als meine Frau sie zum Abendessen rufen wollte, war sie nicht mehr da.«

»Was haben Sie gemacht?«

»Erst nichts. Wir dachten ja, sie sei zur Feier gegangen. Sie wollte dort auch übernachten. Sie hatte ihren Rucksack mitgenommen und Übernachtungssachen. Die Feier des Mitschülers fand im Haus einer ihrer Freundinnen statt.«

»Aber am nächsten Tag ist sie nicht zurückgekommen?«

»Ja. Dann erst haben wir dort angerufen. Ihre Freundin sagte, Natalie wäre überhaupt nicht dort gewesen.«

»Und dann sind Sie sofort zur Polizei gegangen?«

Erich Schrader nickte. »Es war aber ein Feiertag. Sie haben die Vermisstenanzeige nur aufgenommen und gesagt, dass sie schon wiederkommt. In dem Alter würden die Kinder schon mal weglaufen. Das waren die Worte.«

»Aber sie kam nicht wieder.«

»Nein. Wir sind immer wieder zur Polizei. Aber die haben gar nichts gemacht.«

Frau Schrader zog ein Blatt Papier aus ihrer Handtasche. Legte es auf den Tisch. »Wir haben dann selbst Suchanzeigen gemacht, wie diese hier. Ausgehängt und in der Zeitung. Aber niemand hat sich gemeldet.«

»Kann ich das an mich nehmen?«, fragte Helen. Das Foto auf der Suchanzeige war zwar nur eine Kopie, aber es zeigte das Mädchen im Porträt. Damit war vielleicht schon ein erster Gesichtsvergleich mit dem Foto der Toten möglich.

»Nehmen Sie nur, wir haben noch mehr davon.« Frau Schrader schob das Blatt zu Helen herüber.

»Haben Sie denn nie mehr etwas von ihr gehört? Sie hat sich nie bei Ihnen gemeldet? In zwanzig Jahren kein einziges Mal?« Helen musste das fragen. Auch wenn es hart klang. Die Schraders mussten völlig offen mit ihr sein, wenn sie ihnen helfen sollte.

Nadeschda Schrader öffnete ein weiteres Mal ihre Handtasche und holte eine Postkarte hervor, reichte sie Helen mit zitternder Hand. »Wir haben etwa ein Jahr nach ihrem Verschwinden diese Karte bekommen.«

Helen nahm sie entgegen. Auf der Vorderseite war das Manneken Pis zu sehen. Brüssel. Sie drehte die Karte um. Auch der Poststempel und die Briefmarke waren aus Belgien. Der Text in einer für eine Teenagerin noch recht kindlichen Handschrift lautete:

»Liebe Mama, lieber Papa. Mir geht es gut. Seid mir bitte nicht mehr böse. Es ist alles anders gekommen. Ich wollte das so nicht. Aber es ist gut so, wie es ist. Macht euch bitte keine Sorgen. Natalie.«

Das schien so, als wäre das Mädchen doch nicht ganz unfreiwillig von zu Hause fortgeblieben. »Haben Sie der Polizei von dieser Postkarte erzählt?«

»Nein.« Nadeschda Schrader schüttelte den Kopf. »Die Polizei hat sich ja auch nie bei uns gemeldet.«

Eine verständliche Reaktion. Helen erfuhr noch, dass dies die einzige Nachricht von Natalie Schrader geblieben war und sie sich auch bei ihren Freunden nie gemeldet hatte. Offenbar war die junge Frau nicht in Belgien geblieben, denn ihre Leiche war ja jetzt hier in Bonn gefunden worden. Wo aber war sie die vergangenen zwanzig Jahre gewesen? Und wenn sie tatsächlich damals entführt oder verschleppt worden war, warum machte sich jemand die Mühe, eine Postkarte zu schreiben, wenn es nicht das Mädchen selbst gewesen war? Und warum hatte sie jetzt nach zwanzig Jahren einen gewaltsamen Tod gefunden? Was immer auch passiert war, ihre Eltern hatten ein Recht darauf, es zu erfahren. Mit der Ungewissheit zu leben, war schlimmer als alles andere, mochte die Wahrheit auch noch so schmerzhaft sein. Auch das konnte Helen aus eigener Erfahrung bestätigen. »Ich danke Ihnen für Ihre Offenheit. Jetzt werde ich tun, was nötig ist.«

»Sie werden der Polizei sagen, dass das Natalie ist?«

»Ja. Es kann allerdings sein, dass der Hinweis auf die Narbe nicht ausreichend sein wird. Wären Sie bereit, einen DNA-Abgleich durchführen zu lassen?«

»Ja, natürlich.«

»Ich werde die Polizei informieren und ihnen für die Ermittlungen anraten, die Vermisstenakten von 1996 hinzuzuziehen. Vielleicht haben sich damals schon irgendwelche Spuren ergeben, über die Sie nur nicht informiert worden sind.«

»Aber warum das? Das macht doch keinen Sinn.«

»Ich weiß nicht, ob es so war. Ich werde mich zuerst bemühen, sowohl in die alten Akten als auch in die jetzige Ermittlungsakte Einsicht zu erhalten. Dann sehen wir weiter. Sobald ich etwas in Erfahrung gebracht habe, melde ich mich.«

Helen begleitete die Eheleute Schrader zur Tür, dann stand bereits ihr nächster Termin im Sekretariat. Der Verkehrsunfall. Und sie hatte das Gutachten noch nicht gelesen.

»Guten Tag, Herr Bauers. Kommen Sie doch direkt mit durch und setzen Sie sich. Ich bin sofort bei Ihnen.«

Ihre Notizen zum Gespräch mit den Eheleuten Schrader gab Helen ins Vorzimmer zu Friederike Vettweiss. »Kannst du bitte die Akte schon einmal anlegen?«

»Ja klar.« Friederike blickte sie mit einer Frage in den Augen an. »Und? Kennen sie die Tote?«

Helen nickte. »Wir sprechen gleich.«

Der Mandant mit dem Verkehrsunfall war fort, und Helen nahm die neu angelegte Akte Schrader in die Hand. Sie ließ sich das Gespräch mit den Schraders noch einmal durch den Kopf gehen. Ihre Aufgabe war es, der Polizei nunmehr die Informationen zukommen zu lassen, damit man dort die Ermittlungen, was die Tote anging, in die richtige Richtung lenken konnte. Friederike hatte als zuständige Behörde das Präsidium in Ramersdorf aufgenommen, die Geschäftsstelle für alle Kriminalkommissariate, also sowohl für Vermisstenfälle als auch für Tötungsdelikte. Aber Helen kannte das Aktenzeichen noch nicht, also würde sie die Telefonnummer, die in der Zeitung angegeben war, wählen, um sich mit dem ermittelnden Kommissar verbinden zu lassen.

Sie griff zum Telefonhörer. Ein Kribbeln lief durch ihre Hände bis hoch in die Arme, als würden tausend Ameisen auf ihrer Haut ein Tänzchen aufführen. Die Aufregung, die sie immer am Beginn eines neuen bedeutenden Falls erfasste.

»Polizeipräsidium Bonn«, meldete sich eine Frauenstimme.

»Rechtsanwältin Helen Freitag. Ich habe Informationen zu der toten Frau aus dem General-Anzeiger. Können Sie mich mit dem zuständigen Kriminalkommissariat verbinden?«

»Das wäre das Elfte. Ich verbinde.«

»Pauli«, meldete sich nunmehr eine männliche Stimme.

Helen wiederholte ihr Anliegen.

»Ich bin ganz Ohr.«

»Gut, ich habe gesicherte Informationen zur Identität der Toten. Meine Mandanten haben mich gebeten, mich mit Ihnen in Verbindung zu setzen. Sie haben auf dem veröffentlichten Foto ihre Tochter erkannt.«

»Verstehe. Das hört sich ja vielversprechend an.«

»Wie man es nimmt. Für meine Mandanten sicher nicht.«

»Ja, natürlich. Entschuldigung, so war das nicht gemeint.«

»Schon gut. Sagen Sie mir nur das Aktenzeichen, und dann wäre es schön, wenn Sie mich an den ermittelnden Kommissar durchstellen könnten.«

»Tut mir leid. Kriminalhauptkommissar Sandhofen ist heute nicht mehr im Präsidium. Kommen Sie doch morgen früh vorbei. Zimmer 1.15. In der ersten Etage. Und bringen Sie eine Bevollmächtigung mit.«

Helen blätterte im Kalender. Sie hatte morgen früh einen Termin im Landgericht. Danach war sie frei. »In Ordnung. Das mache ich. Vielen Dank.«

»Nichts zu danken. Wir sind froh über jede Information.«

Sandhofen. Helen haute den Hörer zurück auf die Station. Das Telefon war die erste Adresse, um aufgestaute – negative – Energie zu entladen. Sie fuhr sich durch die Haare. Gerade Sandhofen musste der ermittelnde Kommissar sein. Dieser Kriminalhauptkommissar hatte auch die Leitung der Ermittlungen im Dombach-Fall vor zwei Jahren innegehabt. Wenn man es nett ausdrückte, hatte es nicht an seiner Mitwirkung gelegen, dass der Fall damals aufgeklärt wurde. Helen hatte ihn lediglich bei seiner Zeugenaussage vor Gericht erlebt. Da war es aufgrund des Geständnisses des Angeklagten nicht mehr auf Sandhofens Aussage angekommen. Aber selbst da hatte er sich noch durch Widersprüche und Ahnungslosigkeit bezüglich seiner eigenen Ermittlungen ausgezeichnet. Die Staatsanwältin hatte sich Helen im Verlaufe des Verfahrens einmal anvertraut, wie wenig sie von seiner Arbeit begeistert gewesen war. Natürlich nur hinter vorgehaltener Hand. In der Öffentlichkeit musste sie sich schützend vor ihre Leute stellen.

Helen war deshalb mit einigen Vorbehalten diesem Kommissar gegenüber behaftet. Aber vielleicht war es auch ein gutes Zeichen. Denn der Dombach-Fall war günstig für ihre Mandanten verlaufen. Und sie selbst hatte sich einen Namen als Opferanwältin machen können.

Sie atmete wieder durch. Dieses Mal war sie viel früher in den Fall eingebunden, konnte dem Sandhofen schon bei der Ermittlungsarbeit auf die Finger schauen. Und vielleicht würde er sie ja eines Besseren belehren. Sie hoffte es. Sie hoffte es vor allem für ihre Mandanten, um ihnen Gewissheit über das zu verschaffen, was ihrer Tochter widerfahren war.

Das Telefon klingelte erneut. Es war inzwischen fast Mittag. Sie brauchte einen Kaffee und einen kleinen Bissen zwischen die Zähne. Das eine Telefonat noch, dann würde sie erst einmal runter zum Bäcker gehen. Meist hatte nämlich so ein Magengrummeln gar nichts mit irgendwelchen Vorahnungen zu tun, sondern war einfach nur dem Hunger geschuldet.

4. Kapitel

Natalie sprang vom Küchentisch auf. »Ihr seid so nicht von dieser Welt.«

»Setz dich sofort wieder hin.« Ihr Vater deutete mit der Kaffeetasse auf ihren Stuhl, wobei die heiße Flüssigkeit überschwappte und ihm über die Hand lief. »блин«, rief er.

»Nicht mal deutsch fluchen kannst du! Sag doch einfach ›scheiße‹. Warum seid ihr nicht in Russland geblieben, wenn hier alles so furchtbar ist?«

»Ich hab gesagt, setz dich wieder hin!« Erich Schrader hielt die Hand seiner Frau fest, die mit einem Küchenhandtuch an ihm herumwischte. »Und entschuldige dich bei deiner Mutter.«

Natalie schob das Kinn nach vorne, machte aber keine Anstalten, sich wieder an den Küchentisch zu setzen, auf dem ein Berg voller Blinis aufgetürmt war. Sie hielt die Lehne des Stuhls wie einen Schild zwischen sich und ihre Eltern. Zu jedem Wochenende wurden im Hause Schrader üppige russische Speisen aufgefahren, die sie zu dritt niemals bewältigen konnten. Natalie war das alles zuwider. Sie fragte sich wirklich, warum ihre Eltern nach Deutschland gekommen waren, wenn sie so sehr an den alten russischen Traditionen hingen und hier zu leben versuchten, als wären sie noch dort.

»Wofür soll ich mich entschuldigen? Ich mag die fetten Blinis nicht, und ihr könnt mich nicht zwingen, sie runterzuwürgen.«

»Deine Mutter hat viel Arbeit da reingesteckt. Jetzt sag doch auch mal was, Nadja.«

Nadeschda Schrader blickte hilflos zwischen ihrem Mann und der Tochter hin und her. Sie hielt immer noch das Küchentuch in der Hand, mit dem sie sich nun über die Stirn fuhr.

Natalie rollte mit den Augen. »Lass es, Mama. Ich esse keines von den Dingern. Ich pass sonst nicht in meine Jeans, und die will ich heute Abend anziehen.«

»Nata! Bitte sei jetzt nicht böse. Aber …« Sie blickte zu ihrem Mann. Als der nicht reagierte, sprach Nadeschda Schrader weiter. »Dein Vater, also, wir meinen … Du bist noch nicht alt genug, um allein zu dieser …«

»Das könnt ihr nicht tun! Mama? Das ist die Fete des Jahres heute Abend. Alle meine Freunde sind da. Und du hast es mir doch erlaubt!« Natalie schluckte, versuchte, die Tränen zurückzuhalten, die ihr in die Augen stiegen.

»Kind. Wir kennen diese Leute doch gar nicht richtig.«

»Aber das ist doch Christina. Meine beste Freundin seit ewig!« Natalie konnte ein Schluchzen nicht mehr unterdrücken. »Außerdem bin ich sechzehn, und ihr könnt mir gar nichts mehr verbieten.«

Erich Schrader schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Solange du deine Füße unter unseren Tisch setzt, können wir das.«

»Könnt ihr nicht.« Sie schob die Stuhllehne von sich fort und stürzte aus dem Zimmer. Das war nicht gerecht. Sie wusste genau, was ihren Eltern plötzlich an der Familie ihrer Freundin nicht mehr passte.

»Natalie, bleib hier«, rief ihr Vater, und sie hörte, wie er seinen Stuhl vom Tisch schob. Doch ihre Mutter beschwichtigte. »Lass sie.«

Keiner folgte ihr, als sie die Treppe hoch zu ihrem Zimmer rannte. Familie Fischer war in den Augen ihrer Eltern jetzt nicht mehr so eine russlanddeutsche Vorzeigefamilie. Christinas Mutter hatte sich nämlich von ihrem Mann getrennt. Wahrscheinlich hatte sie keine Lust mehr, ständig Blinis zu machen, und hatte einen neuen Mann, einen Deutschen. Den Vater eines Mitschülers. Natalie musste zwischen den Tränen, die ihr jetzt ungehindert die Wangen hinabliefen, schmunzeln. Sie fand Christinas Eltern viel cooler und lockerer als ihre eigenen. Und Jens aus ihrer Klasse war ja jetzt irgendwie Christinas Bruder, was ihre Freundin gar nicht so toll fand. Zuerst hatte Christina gekichert wie der Star-Trek-Doc Dr. Bashir auf Koks, als sie Natalie davon berichtete, dass Jens jetzt bei ihnen einzog. »Stell dir vor, uns trennt nachts nur eine Wand voneinander.« Mittlerweile blickte sie wie ein mürrischer Klingone, wenn die Sprache auf ihren neuen »Bruder« kam. Der hielt nämlich gar nichts davon, dass sich ihre Familien noch inniger verflochten und auch die nächste Generation einschlossen. Aber ansonsten war Jens immer noch der Alte. Seine Geburtstagsfete fand das erste Mal im gemeinsamen Haus statt, und Natalie als beste Freundin seiner neuen Schwester war bei der Planung beteiligt gewesen. Die Idee für das Motto nach dem Horrorschocker »Scream« war sogar von ihr gewesen. Das passte doch perfekt, wenn man an Halloween Geburtstag hatte. Beim Gedanken an die Feier erstarb ihr Schmunzeln. Und jetzt sollte sie nicht hindürfen? Das war so ungerecht. Natalie warf sich auf ihr Bett und verbarg das Gesicht im Kopfkissen.

Eine Weile lag sie so da, ihre Gedanken rasten. Sie würde hingehen, sie würde sich einfach aus dem Haus schleichen. Am besten jetzt gleich, jetzt rechneten ihre Eltern noch nicht damit. Die rechneten sowieso nicht damit. Sie war ja immer viel zu lieb. Aber das würde sich jetzt ändern. Sie war kein Kind mehr. Obwohl sie sich immer noch so behandeln ließ. Damit war jetzt Schluss.

Natalie wusch sich durchs Gesicht, zog ihre Partyklamotten an. Vor dem Spiegel in ihrem Zimmer löste sie den Zopf, den sie sich nach dem Haarewaschen geflochten hatte, und bürstete ihre dunkelblonde Mähne durch. Wie gewünscht, fielen die Haare wellig und voluminös über ihre Schultern. Danach schminkte sie sich. Den blutigen Schnitt quer über die Wange würde sie sich erst bei Christina aufschminken. Sie wäre ja früh genug da. Christina hätte sicher nichts dagegen, dass sie schon so früh kam. Anrufen konnte sie schlecht. Das Telefon stand im Flur. Ihre Eltern würden es mithören. Vielleicht würde sie sich unterwegs eine Telefonzelle suchen, um sich anzukündigen. Zuletzt packte sie ihren Rucksack mit den Übernachtungssachen, denn sie würde ja nach der Fete bei Christina übernachten. Wand an Wand mit Jens.

Natalie schlich an der Küche vorbei aus dem Haus. Die Tür war angelehnt. Sie hörte das Besteck in der Spüle klimpern. Ihre Mutter spülte, und ihr Vater saß bestimmt noch mit der Zeitung am Tisch. Es war leicht, an ihnen vorbeizukommen. Bei aller Strenge, sie vertrauten ihr. Doch Natalie wischte das aufkommende schlechte Gewissen mit einer Handbewegung wieder fort. Sie würde ja morgen wieder da sein.

Ihre Armbanduhr zeigte halb vier. Der Bus käme in einer Viertelstunde. Die Haltestelle aber war vom Küchenfenster aus einzusehen. Natalie blickte in die entgegengesetzte Richtung. Nicht weit entfernt war die Autobahnauffahrt. Christina und Jens wohnten in der Nordstadt. Nur ein paar Autobahnausfahrten weiter. Sie könnte per Anhalter fahren. Sie nickte sich zu. Sie würde gar nicht erst am Küchenfenster vorbeimüssen.

Natalie schwang sich den Rucksack auf den Rücken und machte sich auf den fünfminütigen Fußweg zur Tanke vor der Autobahnauffahrt. Dort parkten immer viele Brummifahrer und machten Kaffeepause.

Wie erhofft, standen mehrere Lastwagen auf dem Parkplatz. Bei einem leuchtend roten Lkw stieg soeben ein Fahrer auf den Tritt seiner Zugmaschine. Fragen kostete ja nichts. »Entschuldigen Sie, fahren Sie auf die Autobahn?«

Der Mann drehte sich um. Er sah noch jung aus, sportlich. Nicht so, wie sich Natalie Brummifahrer vorstellte. Als er sie sah, zog er die Augenbrauen in die Höhe und zeigte mit dem Finger auf sich. »Meinst du mich?«

Natalie musste lachen und nickte.

»Wohin soll es denn gehen?«

»Ich muss eigentlich nur bis Bonn-Nord. Wenn Sie mich einfach an der Ausfahrt Auerberg absetzen könnten?« Natalie strich sich die Haare hinters Ohr und blickte ihn von unten an. Er stand immer noch mit einem Fuß auf dem Tritt seines Fahrzeugs, den Türgriff in der Hand. Natalie kam nicht umhin, seine muskulösen Oberarme zu bemerken. Trotz der kühlen Luft trug er nur ein T-Shirt.

»Muss aber erst am Endenicher Ei noch runter, was aufladen.«

»Kein Problem, ich hab Zeit.«

»Dann komm, steig ein. Ich hab nämlich keine.« Er drehte sich um, zog die Fahrertür auf und stieg ein.

Natalie lief zur Beifahrertür, die sich schon von innen her öffnete. Er reichte ihr die Hand, um ihr hereinzuhelfen.

5. Kapitel

Helen war spät dran heute Morgen. Schon nach neun, und sie stand noch im Stau vor der Nordbrücke. Normalerweise hatte der sich um diese Zeit bereits aufgelöst, aber durch die Bauarbeiten war nur noch eine Spur befahrbar. Klar, dass das einen Verkehrskollaps auslöste. Offensichtlich litten die Bonner Straßenbauunternehmen unter derselben Vergesslichkeit wie die Hennefer. Denn auch die Siegtalstraße wurde in regelmäßigen Abständen aufgerissen. Mit ihrer Mutter scherzte Helen immer, dass die Straßenbauer wohl wieder einmal eine Rohrzange im gerade neu asphaltierten Straßenabschnitt vergessen hatten und sie jetzt wieder ausgraben mussten.

Helen biss von ihrem Brötchen ab, das sie sich eigentlich als Mittagessen eingepackt hatte. Die Krümel gesellten sich zu den zahlreichen anderen in ihrem Auto. Sie musste ihren Mini dringend einer Grundreinigung unterziehen. Sofort bekam sie ein schlechtes Gewissen. Ihr Mini Cooper war ein altes Schätzchen. Baujahr 76. Dunkelgrün mit zwei weißen Streifen auf der Motorhaube und im Innenraum holzverkleidet. Sie liebte den altmodischen Geruch und die Art, wie sich das Licht auf dem dunklen glatten Holz spiegelte, wenn das nicht gerade von einer Staubschicht belagert war.

Nach dem Brötchen griff sie zum Handy und wählte die Nummer der Kanzlei. Sie war gerade einmal fünfhundert Meter vorwärtsgekommen.

»Helen, wo steckst du?«, meldete sich Friederike Vettweiss.

»Im Stau auf der Nordbrücke. Es kann noch etwas dauern.«

»Das Telefon steht nicht still. Sieh zu, dass du deinen Frosch hierher bewegst.« Friederike machte sich einen Spaß daraus, Helens Mini als Frosch zu betiteln. Heute konnte Helen darüber nicht schmunzeln.

»Friederike, kannst du mir einen Akteneinsichtsantrag fertig machen in der Schrader-Sache? Ich habe um zehn den Gerichtstermin und werde wohl besser direkt zum Gericht fahren. Danach komm ich kurz ins Büro und hol den Antrag ab. Ich will dem KHK Sandhofen sofort etwas Schriftliches in die Hand drücken, wenn ich da nachher vorbeischaue. Dann kann er nicht meckern.«

Friederike stöhnte. »Mach ich natürlich auch noch. Aber gewöhn dich nicht dran. Du musst dir dringend eine neue Azubine suchen. Ich dreh sonst bald durch.«

»Nicht jetzt, Friederike. Lass uns heute Nachmittag in Ruhe drüber reden.«

Friederike Vettweiss war die gute Seele des Büros. Aber manchmal wurde es selbst ihr zu viel. Und Helen musste ihr recht geben. Klar konnte Friederike das ganze Sekretariat nicht allein meistern. Eigentlich war sie schon normalerweise voll mit der Organisation und der Schreibarbeit ausgelastet. Die Kanzlei Freitag & Vettweiss war darauf ausgerichtet, neben den beiden Anwälten auch zwei Schreibkräfte zu haben. Jetzt, während der Auszeit von Matthias, übernahm Friederike auch noch mehr als die reinen Schreibarbeiten. Aber gute Azubis fielen nun mal leider nicht vom Himmel. Die letzte Azubine jedenfalls war eine Katastrophe gewesen.

Helen wollte sich gar nicht vorstellen, wie stressig Friederikes Leben gerade war. Nicht nur in der Kanzlei, auch privat saß sie jetzt alleine mit den beiden Kindern da, die gerade die unterschiedlichsten pubertären Phasen durchliefen. Dagegen schien Helens Single-Dasein die reinste Erholung.

Endlich erreichte sie die Ausfahrt Bonn-Auerberg und fuhr direkt zum Landgericht weiter. Seit das gemeinsame Gebäude des Amts- und Landgerichts Bonn modernisiert worden war, kam sie sich hier immer vor wie im Flughafen. Direkt hinter dem Eingang lag eine Schleuse mit Sicherheitsbeamten sowie Körper- und Taschenscanner. Dahinter öffnete sich eine großzügige Eingangshalle mit Informationsdesk. Im runden Treppenhaus begrüßte den Besucher eine Anzeigetafel, auf der die anstehenden Gerichtstermine wie Abflugzeiten von Flugzeugen aufgeführt waren. Das Bild wiederholte sich auf jeder Etage auf Monitoren. Rund um das Treppenhaus reihten sich die einzelnen Gerichtssäle. Innen war das Gebäude durch die aus Glas bestehende Deckenkonstruktion lichtdurchflutet und modern gestaltet, außen jedoch zeigte sich noch die alte neugotische Fassade. Jedes Mal, wenn Helen die Treppen zum säulenbestandenen Eingang hochstieg, umfing sie ein wenig von der Ehrfurcht vor dem Gericht, die sie so manches Mal glaubte verloren zu haben, wenn sie die ein oder andere Entscheidung eines Einzelrichters oder einer Kammer nicht nachvollziehen konnte.

Heute bestand die Gefahr nicht. Der gegnerische Kollege in der Zivilsache, die verhandelt werden sollte, hatte sie noch gestern Nachmittag angerufen und mitgeteilt, dass er nicht auftreten werde. Sie würde sich also ein schnelles Versäumnisurteil abholen. Keine Überraschung zu erwarten.

»Ein Glück, dass du da bist. Deine Mandanten haben gerade schon zum dritten Mal heute Morgen angerufen.« Friederike knallte den Telefonhörer auf die Gabel. Begrüßung Fehlanzeige.

»Du bist aber heute Morgen mit dem falschen Fuß aufgestanden. Ich mach mir einen Kaffee, soll ich dir auch einen bringen? Du siehst so aus, als könntest du ihn brauchen.« Helen legte Friederike die Gerichtsakte auf den Schreibtisch.

Ohne eine Antwort abzuwarten, flog Helen in die Küche und bereitete zwei große Tassen Milchkaffee. Sie hatten sich vor ein paar Monaten den exquisiten Kaffeevollautomaten gegönnt. Friederike und Helen waren beide Kaffeejunkies, und dass Helen den Automaten jetzt erst noch anstellen musste, sagte alles. Friederike hatte wieder einen besonders stressigen Tag erwischt.

»Hier, Frieda.« Helen stellte ihr die Kaffeetasse auf den Schreibtisch. »Hast du den Akteneinsichtsantrag fertig? Ich muss gleich wieder weg.«

Ohne die Diktat-Kopfhörer abzusetzen, deutete Friederike mit einer Bewegung der Augen zu Helens Bürotür. »Liegt auf deinem Schreibtisch.«

»Du bist ein Schatz.«

Friederike verdrehte die Augen. »Tu mir nur einen Gefallen und ruf die Eheleute Schrader an. Die machen mich sonst verrückt.«

»Was wollen sie denn? Seit gestern gibt es leider noch nichts Neues. So schnell geht das nicht.«

»Hab ich ihnen auch gesagt. Sie sagten etwas von einem besseren Foto, das sie dir mitgeben wollen. Für die Polizei.«

»Ach das. Das reicht auch später noch.«

»Sag du ihnen das bitte. Ich weiß nicht mehr, wie ich es noch deutlicher formulieren soll. Von mir wollen sie offenbar nichts annehmen.«

»Hast du immer noch Stress mit Theo?«

Friederike legte die Kopfhörer beiseite und nahm sich den Kaffee. »Ist das so offensichtlich?«

»Na ja, du bist sonst die Ruhe in Person. Ich bin hier eigentlich die Aufgekratzte.«

Das brachte ein Lächeln auf Friederikes Gesicht. »Er war heute Morgen wieder mal nicht aus dem Bett zu bekommen. Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll. Ich musste ihn zur Schule fahren. Das habe ich seit fünf Jahren nicht mehr gemacht.«

»Immer noch der Liebeskummer?«

Friederike zuckte mit den Schultern. »Kann mich nicht erinnern, dass wir früher so waren. Und dann noch als Junge? Und gerade jetzt hat sich mein Mann entschieden, für ein halbes Jahr ans andere Ende der Welt abzutauchen.«

»Australien ist schon eine einmalige Chance für ihn, das weißt du doch, Frieda. Sei nicht ungerecht. So ein Angebot wäre nie wieder gekommen.«

»Ja, ich weiß. Trotzdem. Irgendwie kommt immer alles zusammen.

»Matthias hat mir so viel ermöglicht damals, als ich ganz neu anfangen musste. Jetzt kann ich es ihm ein wenig zurückgeben. Wir beiden schaukeln das schon, bis er wieder da ist, okay?«

»Womit wir wieder beim Thema wären. So ganz allein schaffen wir es eben nicht.« Friederike klang ernst, aber ein kleines Grinsen schlich sich doch auf ihre Lippen. »Muss ich erst eine offizielle Beschwerde einreichen, bevor du was unternimmst?«

»Ich weiß, Friederike. Lass gut sein. Ich kümmere mich drum.«

»Ernsthaft, Helen. Die Kinder brauchen auch meine Aufmerksamkeit, Teenager hin oder her. Und Sanne ist ja auch erst zwölf. Ich habe Angst, dass ich ihr zu viel zumute, wenn ich sie jeden Nachmittag allein lasse. Gerade jetzt, wo Theo nur noch mit sich selbst beschäftigt ist.«

»Ich hab doch gesagt, ich kümmere mich drum.«

»Das sagst du jetzt schon seit drei Monaten! Mittlerweile sind alle guten Bewerber schon irgendwo untergekommen. Die Schule fängt ja schon bald an. Wir sind wieder viel zu spät dran.« Friederike warf Helen einen durchdringenden Blick zu.

»Ich habe es verstanden. Ich fahr jetzt zum Polizeipräsidium –«

»Nachdem du die Eheleute Schrader angerufen hast«, warf Friederike ein.

Helen hob die Augenbrauen. »Nachdem ich die Schraders angerufen habe. Und dann schalte ich noch heute Nachmittag eine Anzeige, okay?«

Friederike nickte und leerte ihre Kaffeetasse. »Ich verlass mich drauf.« Dann setzte sie die Kopfhörer wieder auf und wandte sich ihrem Computer zu.

Friederike und Matthias waren wirklich ein Glücksfall für Helen gewesen. Sie kannte Matthias Vettweiss schon seit dem gemeinsamen Studium, nur hatte er nicht ein Sabbatjahr eingelegt wie Helen, und da damals schon das erste Kind bei ihm und Friederike unterwegs gewesen war, hatte er sich umso mehr beeilt, seinen Abschluss zu machen. Gleich darauf die Kanzleigründung. Als Helen nach ihrer Auszeit in Irland zurück nach Bonn kam und nur noch alles hinschmeißen wollte, war Matthias Vettweiss es gewesen, der ihr eine neue Perspektive aufgezeigt hatte. »Dann mach deinen Abschluss und werde meine Teilhaberin. Ich gebe dir freie Hand. Kannst dich ganz auf die Opfer von Gewaltverbrechen, von staatlicher Gewalt oder für Verkehrsopfer einsetzen. Indem du ihnen hilfst, hilfst du auch dir. Und ich kann eine Partnerin gebrauchen. Ich war nie ein Einzelkämpfer.«

»Aber du hast doch deine Frau«, hatte sie ihm damals geantwortet.